Kultur der Irokesen
Als die Europäer in Amerika landeten, lebten die Irokesen noch in ihren traditionellen Langhäusern. Ihr ursprünglicher Name „Haudenosauni“ leitete sich von dieser Wohnform ab. Als Irokesen (Schwarze Schlangen) wurde das Volk später von Feinden bezeichnet. Besiegten die Irokesen einen feindlichen Stamm, so wurde dieser in die eigene Bevölkerung aufgenommen.
Die Siedlungen befanden sich entlang des St. Lorenzstroms bis zu den großen Seen und nach Süden hin zum heutigen Staat New-York.
1720 zählte man ca. 25000 Irokesen, die zusammen mit den Huroren 6 verschiedene Stämme zu einer Konföderation vereinten. Heute leben ca. 60 000 Irokesen in USA und in Kanada.
Gesellschaftsform und Stellung der Frauen
Die Stammesmitglieder der Konföderation lebten in Dörfern, die aus bis zu 100 Langhäusern bestanden. Dort hatten die Frauen eine ungewöhnlich starke Stellung. Die Häuser, die Felder und die Ernte gehörten den Frauen. Die Gesellschaft war matrilinear aufgebaut, d. h. die Abstammung bezog sich immer auf die Mutter. Ein Kind gehörte zur Sippe der Mutter.
Die Männer waren oft lange Zeit unterwegs zum Jagen, auf Handelszügen oder in kriegerischen Auseinandersetzungen mit fremden Stämmen. So waren die Frauen für die gesamte Landwirtschaft zuständig (matrilokale Residenz).
Die Gesellschaftsform war egalitär ausgerichtet, d. h. es gab keine Befehlsgewalt. Jede einzelne Person war auf sechs Ebenen in die Gesellschaft eingebettet:
1. Kernfamilie, 2. Langhaus (eine matrilineare Einheit), 3. Der matrilineare Clan, 4. Das Dorf, 5. Der Stamm, 6. Die Konföderation. Die Mütter organisierten die Ehe, die Kinder erhielten den Namen der Frau. Die Männer identifizierten sich eher mit ihrer Schwester.
Leben in den Langhäusern
In den Langhäusern lebten die Familien eines Familienclans. Im Zentrum fanden die Versammlungen statt. Der Familienclan wurde von einer Clanmutter angeführt.
Der große Rat
Der große Rat eines Stammes bestand aus 50 Männern oder Häuptlingen, die demokratisch gewählt wurden und dessen jeweilige Vertreter von einer Clanmutter, nach Absprache mit den anderen Frauen, jederzeit abgesetzt werden konnte. Dieser Rat der Konföderation war schließlich das Vorbild für das amerikanische demokratische Regierungssystem.
Ernährung
Die Frauen bauten hauptsächlich verschiedene Maissorten, Bohnen und Kürbisse an. Von der Jagd der Männer kam etwas Fleisch und Fisch hinzu. Die Ernährung war abwechslungsreich und gesünder als die der eingewanderten Europäer. Sie hatten auch hervorragende Kenntnis der Konservierung und Lagerung der Lebensmittel. Während der Abwesenheit der Männer lebten die Frauen zur Erntezeit mit den Kindern in Hütten auf den Feldern.
Religion
Im religiösen Bereich waren ebenso viele Frauen wie Männer sogenannte „Hüter des Glaubens“. In den religiösen Zeremonien wurden hauptsächlich die weiblichen Tätigkeiten im Jahresablauf gefeiert.
Umzug in Reservate
1784 verloren die indigenen Völker ihr Land. Als die Amerikaner ihre Unabhängigkeit gewonnen und die Irokesen bei Elmira im Bundesstaat New York 1779 geschlagen hatten, zogen die meisten Irokesen (Mohawk und Cayuga) nach Kanada, wo sie heute auf der Six Nations Reservation am Grand River in Ontario leben. Eine andere Mohawk-Gruppe lebt in St. Regis (New York). Die Seneca, Onondaga und Tuscarora zogen ebenfalls auf Reservationen im heutigen Bundesstaat New York. Die christlich bekehrten Oneida wanderten zur Green Bay in Wisconsin aus, und eine Restgruppe von ihnen wurde nach Oklahoma verschlagen. Die sechs Reservationen im Bundesstaat New York sind inzwischen aufgelöst worden. Die Irokesen leben heute überwiegend als Kleinbauern in ländlichen Gebieten.
In den Reservationen und auch in den Siedlungen ohne Reservatsstatus werden noch manche religiöse Riten und Feste in traditioneller Weise abgehalten. Die St. Regis Mohawk geben eine auch in Europa bekannte Zeitung „Akwesasne Notes“ heraus, die zum Sprachrohr des „American Indian Movement“ geworden ist, einer sich panindianisch verstehenden Gruppe von indianischen Bürgerrechtlern, die um ihre Gleichberechtigung, die Revision der gebrochenen Verträge und andere indianische Anliegen kämpft. Im August des Jahres 1993 fand beim Stamm der „Tyendinaga“ in dem gleichnamigen Reservat bei Deseronto im Süden der kanadischen Provinz Ontario die „Mohawk Language Standardisation Conference“ statt, die für die Mohawk-Sprache eine Standardschriftform bestimmte und sie damit zur Schriftsprache erklärte.
Als sich 1920 in Genf der Völkerbund formierte, entsandten auch die Irokesen einen Vertreter in die Schweiz. Sie wollten einen Sitz in diesem Gremium der souveränen Nationen. Persien, Irland, Estland und Panama erklärten sich 1923 bereit, den Antrag zu unterstützen. England und Kanada erfuhren vorzeitig davon und tobten. Die Regierung in London schickte eindeutige Drohungen nach Teheran, Dublin, Tallinn und Panama City. Desgaheh, der aus Kanada stammende Irokesen-Vertreter, wurde nie gehört.
Während er in Genf weilte, entfernte Kanada mit Polizeigewalt die Langhaus-Regierung in Osweken, wo die kanadische Fraktion der Sechs Nationen ihren Sitz hatte. Die Nachricht von der brutalen Entmachtung brach Desgahehs Ausdauer. Krank kehrte er heim, doch Kanada ließ ihn nicht einreisen. Am 27. Juni 1925 starb der Indianer in Tuscarora, unweit der kanadischen Grenze, ohne seine Heimat noch einmal gesehen zu haben.
Im beginnenden 20. Jahrhundert sah man die Häuptlinge und Krieger der Irokesen häufig in luftigen Höhen. Dank Schwindelfreiheit und Teamgeist fanden die Indianer im Stahlhochbau ihre Nische im Industriezeitalter. Kein Wolkenkratzer in Chicago, Philadelphia oder New York, bei dessen Montage nicht Irokesen beteiligt waren. Noch heute ist der „Iroquois Steelworker“ ein unter Weißen wie Indianern angesehener Beruf.
Ist die Arbeit getan, gehen die Männer zurück in die kleinen Parzellen von Iroquoia und nehmen ihre traditionellen Rollen in der Langhaus-Gesellschaft ein.
(Brigitte Nguyen-Duong, Mai 2015)
Quellen: Diplomarbeit Isabella Andrej, Wien 1998 http://elaine.ihs.ac.at/~isa/diplom/node47.html http://de.wikipedia.org/wiki/Irokesen
„The live of Mary Jemison“, eine Irin, die von den Seneca-Irokesen gefangen und adoptiert wurde, eine Publikation von 1856) https://www.google.de/search?tbm=bks&hl=de&q=Mary+Jemison